Nanobeschichtungen zur Entspiegelung von Solarmodulen und -zellen(2012) |
Beschichtungen auf Glas
Der wohl bekannteste Nanoeffekt ist der sogenannte Lotus-Effekt, bei welchem eine geeignete noppenartige Oberflächenstruktur auftreffende Flüssigkeiten abperlen lässt. Darauf basiert die Entwicklung von transparenten Nanobeschichtungen mit Selbstreinigungseffekt für photovoltaische und andere Anwendungen (TAB 2003: 104). In einem Blogbeitrag aus dem Jahr 2008 konnte für eine käufliche Nano-Beschichtung kein Erfolg vermeldet werden. Die Module sehen zwar etwas dunkler aus, aber Regentropfen und auch Schnee bleiben sogar länger haften als ohne diese Beschichtung. Inzwischen wird gemeldet, dass auch von einer Beschichtung mit Peptiden ein Selbstreinigungseffekt zu erwarten ist.
Sovello-Solarmodule versprechen beispielsweise vor allem bei schräg einfallendem Licht aufgrund ihrer "Nano-Power-Antireflexbeschichtung" auf dem Modulglas Ertragssteigerungen. (Quelle)
Die Bezeichnung "Nano-Power-Antireflexbeschichtung" verweist auf das weiter unten nochmals erwähnte beschichtete Glas von Centrosolar, in der Sovello-Werbung wird explizit auch auf den verbesserten Selbstreinigungseffekt verwiesen.
Bei ca 10 % aller Gläser für Solarmodule wird durch Strukturierung oder Beschichtung Reflexion unterdrückt und der Ertrag insbesondere für schräg einfallendes Licht erhöht.
Eine andere Methode der Reflexionsminderung besteht in der Nutzung von porösen Schichten. Eine Verringerung der Reflexion sowie die bessere Absorption von schräg einfallendem und diffusem Licht ermöglicht eine geeignete Oberflächenstruktur auf dem Abdeckglas von Solarmodulen.
Die Firma Centrosolar entspiegelt ihre Solarmodule auf dem Abdeckglas mit einer porösen SiO2-Schicht. Das dazu speziell entwickelte Beschichtungsverfahren (Patent WO 002002 032823 A1 von Vorgänger FLABEG Solarglas) wurde im Jahr 2007 und 2008 mehrfach ausgezeichnet. Centrosolar berichtet von einer Ertragssteigerung durch die Beschichtung um 6 %.
Kürzlich wurde berichtet, dass eine an der Universität Stuttgart entwickelte ultra-dünne Gold-Beschichtung (aufgedampft, bis kurz vor dem Moment, in dem sich eine geschlossene Schicht bildet) auf Glas stark antireflektierend wirkt. Obwohl sich die Fachveröffentlichungen auf die Beschichtung auf Silizium beziehen, wird von der Uni Stuttgart auch von einer antireflektierenden Wirkung auf Glas berichtet.
Bei Mehrfachschichten werden besonders gute Antireflexionserfolge erzielt:
Im Sommer 2010 wurde eingeschätzt:
Am Renselaer Polytechnic Institute (RPI, Bundesstaat New York) wurde durch Shawn-Yu Lin ein Beschichtungsmaterial aus Nanostrukturen entwickelt. Durch eine Mehrfachbeschichtung konnte der Wirkungsgrad um fast 43% gesteigert werden. Hiermit wurde der bisher kleinste Reflexionsgrad (0,045 %), also das "schwärzeste Schwarz" erreicht.
Die derzeit standardmäßig eingesetzte Texturierung der Waferoberfläche von mono- und multikristallinen Solarzellen reduziert die Reflexion durch Mehrfachreflexion an den Texturstrukturen. Dies funktioniert für Licht, dessen Wellenlängen kleiner sind als die Textur.
Durch solch "grobe" Texturen kann die Reflexion auf 10-20% gesenkt werden.
Bereits 1977 wurde errechnet, dass für Texturierungen, die kleiner sind als die Lichtwellen-längen, in einem breiten Wellenlängenbereich eine noch höhere Reduzierung der Reflexion erreicht werden kann (Stephens et.al. 1977). Mit der Entwicklung der Nanotechnologien wurden nun auch derartige nanoskalige Texturierungen entwickelt (z.B. Chen et.al. 2009). Der große Vorteil einer nanobasierten Antireflexionsbeschichtung für photovoltaische Zellen ist ein hoher Antireflexionsgrad über einen breiten Wellenlängenbereich und für beinahe winkelunabhängige Einstrahlung.
Noch etwas größer als Nanostrukturen sind die Bienenwabenstrukturen. Im Jahr 2008 konnte Mitsubishi Electric einen Wirkungsgrad rekord für multikristalline Solarzellen vermelden, wobei neben anderen Verbesserungen auch eine Textur in Form von Bienenwabenstrukturen mit Durchmessern von ca. 1 Mikrometern verwendet wurde. Die Struktur wurde durch Laserstrukturierung realisiert. (Kojima 2008 und Quelle)
Industriell bietet das Unternehmen 1366 Solarzellen mit Bienenwabenstrukturen an und verspricht dadurch eine Wirkungsgradverbesserung um 1 %. Diese Firma patentierte eine Technologie zur Herstellung der Bienenwaben unter Verwendung einer Ätzmaske (WO 2009/128946).
Eine neue Herstellungstechnologie für wabenartige Strukturen mit einem Abstand von 50 m und einer Tiefe von 23 m mit gedruckter Inkjet-Maskierung und isotropem Nassätzen wurde vom ISE Freiburg vorgestellt (Nievendick et al. 2011). Die Reflexion konnte hierbei auf 18,4% gesenkt werden (normale saure Texturen am ISE erreichen eine Reflexionssenkung auf 27,1%).
Die Strukturen sind dabei kleiner als die Wellenlänge des Lichts, deshalb verändert sich der Brechungsindex nicht sprunghaft, sondern kontinuierlich. Wegen dem Fehlen einer klaren Grenzfläche findet keine Reflexion statt. Dieser Effekt führt bei Augen von Motten dazu, dass diese im Licht nicht glänzen und das Tier verraten. Der Effekt der kontinuierlichen Brechzahländerung war oben bereits bei den Mehrfachschichten verwendet worden.
Besonders wichtig ist die wirkungsgradsteigernde Nutzung von Texturen für Dünnschicht-Solarzellen, weil deren Wirkungsgrade insgesamt recht gering sind (vgl. Keller et al 2010). Vor allem hier erhofft man sich von verschiedenen Nanotechniken eine Erhöhung des Wirkungsgrades.
Im Ergebnis soll die Reflexion auf weniger als 2 % sinken und der Prozess soll einfacher und kostengünstiger sein als die traditionellen Antireflexionstechniken. Außerdem sind diese Beschichtungen auch wasserabweisend.
Simulationen ergeben, dass bei paraboloidfärmigen Höckern mit einer Höhe von 800 nm und einem Basisdurchmesser von 470 nm das "elektromagnstische Feld keine Details davon auflösen [kann]. Es "sieht" im Wesentlichen nur eine Schicht mit einem kontinuierlichen Brechungsindexübergang".
Eine besonders einfache Herstellungsmethode für diese Nanotexturen stellen Chen et.al. (2009) vor. Hier wird eine Imprint-Technik zur Mustererzeugung genutzt (siehe Abb.). Dabei wird zuerst eine Schicht rotationsbeschichtet (spin coating); in diese wird das Muster eingedrückt und in einem weiteren Schritt wird das Muster mittels Reaktivem Ionenstrahlätzen oder induktiv gekoppeltem Plasma heraus geätzt. Trotz dieser verschiedenen Prozessschritte soll diese Technologie bei einem hohen Durchsatz kostengünstig sein.
Auch am ISE Freiburg wird an dieser Technologie gearbeitet (Hauser et.al 2010). Zwar geht es hier um Texturen, die noch 5 µm breite Vertiefungsabstände haben, aber es werden erste Erfahrungen mit der Integration dieses Prozesses in den Prozessablauf der Solarzellenproduktion gemacht (zusätzliche Schritte Nanoimprint Lithographie und Plasma Etching (RIE)/Resist Removal zwischen Sägeschadenbeseitigung und Emitterdiffusion).
Die oben bereits genannten pyramidenförmigen Texturen, die auf monokristallinen Wafern nasschemisch-alkalisch geätzt werden, hängen stark von der Kristallorientierung ab und verlieren für flache Lichteinfallswinkel stark an Antireflexionswirkung. Diese Nachteile sind bei einer Texturierung, deren Strukturen kleiner sind als die Lichtwellenlänge, nicht vorhanden. Bereits Ende der 70er Jahre konnte gezeigt werden, dass Strukturen, die nicht tiefer als 200 bis 300 nm ins Material reichen, eine starke Antireflexionswirkung zeigen. Experimente mit Hilfe von Sputter- und RIE (reactive ion etching)- Techniken bestätigten dies.
S. Koynov u.a. schlagen (Koynov, Brandt, Stutzmann 2006 , Koynov, Brandt, Stutzmann 2007 ) für verschiedene Siliziumoberflächen (poly- und multikristallin, Dünnschicht-Si) eine Textur vor, deren Vorteil vor allem in der großen Einstrahlwinkelunabhängigkeit besteht. Die Technologie besteht in einer nasschemischen Ätzung von 200-300 nm tiefen Strukturen vor der Dotierung. Dabei sind die lateralen Strukturen kleiner als die Wellenlänge des Lichts. Koynov u.a. berichten von der Anwendbarkeit des Verfahrens aus drei Schritten (1. Goldcluster durch Beschichtung erzeugen, 2. Silizium dazwischen wegätzen, 3. Goldreste beseitigen) für beliebig dotierte Siliziummaterialien, speziell auch multikristalline und a-Si-Solarzellen.
Ähnliche Ergebnisse (Reflexion begrenzt auf 6%, Steigerung der totalen Absorption um 34%) wird sonst nur durch Mehrfach-ARC-Schichten erreicht.
Über eine besonders günstige Technologie (silberinduziertes chemisches Ätzen) zur Herstellung von nanoporösen schwarzen mc-Siliziumsolarzellen berichteten Xu et al. 2011. Sie erreichten Reflexionsminderungen auf über 5%.
Erwartungsgemäß ist die nanoskalige Texturstruktur recht empfindlich gegenüber den weiteren Verarbeitungsschritten der Solarzelle. Deshalb kann nicht die eigentlich optisch optimale Struktur verwendet werden, sondern es muss ein Kompromiss zwischen optischem Effekt und mechanischer Stabilität gefunden werden. (Keller u.a. 2010, vgl. auch zu anderen Wechselwirkungen Lin et al 2008, Lin et al 2009)
Vom BMBF wird seit 2010 das Projekt "Nanostrukturierte Siliziumgrenzflächen" (FKZ 03FO3291) gefördert. Die Universität Jena bzw. das Fraunhofer IOF Jena sind mit einem Projekt beteiligt, bei dem sie spezielle Solarzellen (SIS: Semiconductor - Isolator - Semiconductor) mit "schwarzem Silizium" verwendet:
Dabei wird die Siliziumschicht nanostrukturiert (mit einer Breite von 10 bis 100 nm und einer Höhe von 1,5 bis 10 µm) und auf diese Struktur wird eine Schicht aufgebracht, in der die Ladungstrennung erfolgt. Diese Schicht weist durch die Strukturierung eine um das Vielfache größere Fläche auf als die glatte Siliziumoberfläche. Außerdem bewirkt sie einen reflexionsmindernden Brechungsindexgradienten auf.
Die mittels reaktivem Ionenstrahlätzen hergestellte Nanostruktur realisiert eine hohe Reflexion in einem großen Wellenlängenbereich:
Wie Forschungen am Fraunhofer Institut ISE Freiburg zeigten, haben optisch optimierte Strukturen ("black silicon") keine ausreichende mechanische Stabilität, aber es ist möglich, mit einer Kompromissstruktur ausreichend stabile Texturen herzustellen (Keller et al 2010).
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